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Gewohnheiten – Leid und Freud in der Krise

Gewohnheiten helfen uns durch den Alltag, beim morgendlichen Aufstehen, dem Weg zur Arbeit und der alltäglichen Joggingrunde. Doch nicht alle Gewohnheiten sind positiver Natur. So ist der Griff in die Chipstüte oder zur Schokolade auf dem Sofa am Abend auch ein (unliebsames) Ritual. Doch wie können wir negative Gewohnheiten positiv verändern?

Sinn von Gewohnheiten

Gewohnheiten per se haben eine große Daseinsberechtigung. Sie helfen uns, Dinge zu erledigen, ohne viel darüber nachzudenken. Sowohl im privaten Bereich als auch beruflich. Fast wie ferngesteuert checken wir als erstes am Arbeitsplatz die Mails und widmen uns erst dann dem aktuellen Tagesgeschehen, begeben uns nach Dienstschluss auf den identischen Nachhauseweg, kaufen ein, kochen und lassen den Abend fast immer gleich ausklingen. Schauen wir mal genauer hin, entdecken wir in unserem Alltag viele Aktivitäten, die wir wie selbstverständlich erledigen, ohne uns dessen bewusst zu sein.

Das ist auch gut so! Denn müssten wir alle unserer tagtäglichen rund 20.000 Entscheidungen bewusst treffen, wären wir bereits am Mittag völlig erschöpft. Gewohnheiten sparen also Energie für alles, womit wir uns aktiv und bewusst beschäftigen müssen und wollen. Das bestätigt auch der renommierte Hirnforscher Professor Gerhard Roth: „Denken ist aufwendig! Routinen helfen dem Gehirn, Energie zu sparen und Risiken zu minimieren. Das ist neurobiologisch sinnvoll, ja überlebenswichtig.“

Wie entstehen Rituale?

Aufgaben, die für uns neu sind, steuern wir über die Großhirnrinde. Der dort befindliche präfrontale Cortex ist zuständig für die exekutiven Aufgaben, wie beispielsweise die Planung von Handlungen, Antizipation von sich daraus ergebenden Konsequenzen und die Lösung neuer Aufgabenstellungen auf Basis bereits gemachter Erfahrungen.

Führen wir eine Aktivität immer wieder in der gleichen Art aus, gelangt diese als Routine in unsere Basalganglien, tief im Innern unseres Gehirns. Einmal in dem unbewussten Handlungsgedächtnis abgespeichert, können diese nicht mehr ausgelöscht werden. Das macht es auch so schwierig, unliebsame Gewohnheit zu eliminieren. Die einzige Möglichkeit, diese zu ersetzen, ist es also neue Gewohnheiten zu schaffen, die diese überlagern.

Die 20-Sekunden-Regel

Im ersten Schritt müssen wir den sogenannten Auslösereiz identifizieren. Das kann eine Uhrzeit sein, ein bestimmter Gemütszustand oder Teil einer täglichen Routine. Möchten wir nun die automatische Abfolge ändern, sollte die neue Tätigkeit schnellstmöglich nach der auslösenden Situation angefangen werden. Redner und Autor Shawn Achor spricht hier von der sogenannten 20 Sekunden-Regel.

Angenommen, Sie setzen sich jeden Abend nach dem Essen aufs Sofa und schalten wie automatisiert den Fernseher ein, möchten stattdessen aber lieber zur Entspannung ein Buch lesen. Überlisten Sie sich selbst, indem Sie die Fernbedienung in ein anderes Zimmer legen, das Buch jedoch direkt sichtbar auf den Couchtisch oder neben das Sofa. So ist der Griff zum Buch schneller und erfolgt innerhalb von 20 Sekunden, wird also im Gehirn mit dem Auslösereiz Sofa positiv verbunden. Dauert die eigentlich mit dem Reiz assoziierte Handlung– das Nehmen der Fernbedienung – länger als zwei Minuten, ist die Überwindung diese zu holen zu hoch. Wie lassen sie in dem anderen Raum liegen.

Gut Ding will Weile haben

Nach diesem Motto gelingt die Umstellung unliebsamer Gewohnheiten auf jeden Fall. Wichtig ist es nur, am Ball zu bleiben, dieses neue Verhalten regelmäßig zu wiederholen, damit die Routine zu einer Gewohnheit wird, und uns hinterher zu belohnen. Hierzu eignet sich alles, was die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin begünstigt. Das kann schon das entspannte Gefühl sein, was man nach der Lektüre des Buches hat, um bei unserem Beispiel zu bleiben.

"Belohnungen erzeugen ein neuronal verankertes Verlangen, sie verändern das Gehirn. Wenn wir die Erfahrung machen, dass ein bestimmtes Verhalten zu einer Belohnung führt, wiederholen wir es möglichst oft", erläutert Wolfram Schultz, Professor für Neurowissenschaften an der University of Cambridge, die Vorgehensweise. Es kommt quasi zu einem positiven Teufelskreis, in dem das neue Verhalten wiederholt wird, um die Belohnung zu erhalten. So gelangt es automatisch in die Basalganglien und damit zur automatisierten Gewohnheit. Wie lange dieser Prozess dauert ist umstritten und individuell, viele Experten gehen jedoch von rund 66 Tagen aus.

Heben wir unser unbewusstes und gewohntes, aber unliebsames Verhalten also auf die Bewusstseinsebene und stellen dem ein neues, besseres Verhalten gegenüber, können wir Automatismen überlisten und langfristig die Vorsätze in die Tat umsetzen. Stück für Stück und mit Belohnung statt negativem Druck.


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